Dem satirischen Geschichtenerzähler, Zeichner und Illustrator Paul Flora (1922-2009) widmet die Ausstellung anlässlich seines 100. Geburtstags eine Retrospektive mit Zeichnungen, Karikaturen und Bildfolgen.
„Ich bin kein Karikaturist, sondern ein Zeichner! Es könnte allerdings sein, dass meine
Zeichnungen oft wie Karikaturen wirken.“
– Paul Flora
Mit Tusche und Feder erschuf Paul Flora in seinen Zeichnungen ein eigenes Universum, bevölkert von Geistern und Harlekins, Poeten und Sphinxen, Geheimagenten, Marionetten, verwurzelten Tirolern und venezianischen Pestdoktoren. Der gebürtige Südtiroler konstruierte wundersame Landschaften mit eigenwilligen Architekturen, Kugeln, Penthäusern, Lokomotiven und Fluggeräten. Floras Zeichnungen sind Erzählungen voller Poesie und Ironie, wobei Vergangenheit und Gegenwart in ein spezifisches Verhältnis zueinander treten. Immer wieder brachte er die Lagunenstadt Venedig aufs Papier. Bekannt sind auch seine Raben-Darstellungen. Am Papier versinnbildlichen die Vögel mit ihren spitzen Schnäbeln menschliches Verhalten.
„In der Retrospektive sind rund 170 Originale von Paul Flora präsentiert. Damit erhalten Besucherinnen und Besucher einen vielschichtigen Einblick in die über 70-jährige Schaffenszeit des österreichischen Künstlers“, hält Gottfried Gusenbauer, künstlerischer Direktor des Karikaturmuseum Krems, fest.
Ein Rundgang durch die Ausstellung führt von Schülerzeichnungen und satirischen Geschichten aus den frühen Schaffensjahren bis zu seinen bekannten und beliebten Motiven. Eine Auswahl von gesellschaftspolitischen Zeichnungen für DIE ZEIT (1957 – 1971) und Fotos seiner „Karikaturen-Verbrennungen“ loten die besondere Beziehung von Flora zur Karikatur aus. Der deutsche Schriftsteller Erich Kästner sah in Flora einen „Bilderschriftsteller“. Zweifelsohne zählt Paul Flora zu den herausragenden europäischen Zeichner*innen des vergangenen Jahrhunderts.
Die ausgestellten Originale stammen aus der Sammlung der Nachlassvertretung in Salzburg, der Galerie Thomas Flora, Innsbruck, der Galerie Seywald, Salzburg, aus Privatbesitz und aus den Landessammlungen Niederösterreich.
ÜBER PAUL FLORA
„Ich wurde in Glurns geboren, wo ich inmitten von sechs Geschwistern aufwuchs, eher hastig und beiläufig erzogen wurde, ein schwieriges Kind war und mehrere interessante Komplexe bekam, welche seither meine Geschäftsgrundlage bilden.“ – Paul Flora, aus: „Paul Flora. Von bitterbös bis augenzwinkernd“, Ueberreuter Verlag (2022), S. 4
Paul Flora wurde am 29. Juni 1922 in Glurns im Vinschgau, Südtirol geboren. Von 1942 bis 1944 war er in den Zeichenklassen von Adolf Schinnerer und Olaf Gulbransson an der Akademie der Bildenden Künste München eingeschrieben. Nach Kriegsdiensten in Italien, Ungarn und der Slowakei 1944 hatte er bereits ein Jahr später seine erste Einzelausstellung in Bern. 1947 erschien Floras erstes Buch „Der Mensch denkt“. 1948 wurde er als Mitglied der Wiener Künstler*innenvereinigung Art Club aufgenommen. Die Zusammenarbeit mit Diogenes folgte fünf Jahre darauf. An die 30 Bücher brachte Flora beim Schweizer Verlag heraus. Viele weitere von anderen Autor*innen illustrierte er. War sein zeichnerisches Frühwerk stark von Alfred Kubin beeinflusst, entwickelte der Künstler ab 1950 konsequent seinen unverkennbaren Stil, geprägt von Vielfältigkeit und Ausdrucksreichtum. Auch während seiner international erfolgreichen Tätigkeit als politischer Karikaturist für die deutsche Wochenzeitung DIE ZEIT (1957 – 1971) verstand sich Flora stets als Zeichner. Zeitlebens arbeitete er von seinem Wohnhaus in Hungerburg, einem Stadtteil Innsbrucks, aus. Für einige Jahre bildete der Zeichner eine Ateliergemeinschaft mit Gerhild Diesner und ihrem Mann Bodo Kampmann. Flora galt als wichtiger Förderer der österreichischen Kunstszene. Er initiierte den Österreichischen Grafikwettbewerb und war Mitbegründer der
Galerie im Taxispalais in Innsbruck. Für ebendiese Galerie kuratierte er neben Wilfried Kirschl, Oswald Oberhuber und Peter Weiermair von 1964 bis 1992 zahlreiche Ausstellungen. Ähnlich unterstützte er Kunstschaffende über die heimischen Grenzen hinweg. Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 kaufte er beispielsweise DDR-Künstlern Werke ab, um ihnen in die Zukunft zu helfen.
Paul Flora starb in der Nacht auf den 15. Mai 2009. Anlässlich Floras 80. Geburtstags stiftete das Land Tirol 2002 den Paul-Flora-Preis zur Förderung junger Tiroler Kunstschaffenden. Vier Jahre später begründete die Familie des Künstlers den Paul-Flora-Förderpreis. Paul Flora war eine außergewöhnliche Persönlichkeit von großer Popularität. Er war ein Querdenker und ein Unbequemer, der Stellung bezog, mitredete und mitgestaltete.
Foto: Geschäftsführerin Julia Flunger-Schulz (Kunstmeile Krems), Gottfried Gusenbauer (Direktor Karikaturmuseum Krems), Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister, Ursula Ganahl-Flora (Witwe von Paul Flora), Galerist und Kurator Thomas Seywald, Katharina Seywald (Tochter von Paul Flora) und Bürgermeister Reinhard Resch, (c) Krisztian Juhasz (APA) Kunstmeile Krems
Hier gehts zur Bildergalerie: 100 Jahre Paul Flora. Von bitterbös bis augenzwinkernd